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Pressemitteilung

Apropos Visionär

Der Fotograf Horst H. Baumann

26. August 2023 — 28. Januar 2024
Pressegespräch: Donnerstag, 24.8.2023, 11 Uhr mit Dr. Petra Hesse (Direktorin MAKK) und Hans-Michael Koetzle (Kurator)

Der Fotograf Horst H. Baumann (1934, Aachen – 2019, Düsseldorf) zählte zu den Shooting-Stars seiner Generation. Schon in jungen Jahren mehrfach ausgezeichnet, avancierte der Autodidakt ab den 1960er Jahren zu einem in den gedruckten Medien omnipräsenten, höchst erfolgreichen Fotografen. Mit der Ausstellung APROPOS VISIONÄR – DER FOTOGRAF HORST H. BAUMANN präsentiert das MAKK – Museum für Angewandte Kunst Köln in Zusammenarbeit mit den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim die erste Retrospektive des fotografischen Œuvres dieses bedeutenden, zugleich weitgehend vergessenen Künstlers.

Baumann fotografierte im Eigenauftrag als „Street Photographer“, schuf Porträts internationaler Größen aus der Musik- und Filmbranche (Juliette Gréco, Ursula Andress, Jane Fonda, Chris Howland), lieferte Reportagen für auflagenstarke Illustrierte (SternKristall), bewährte sich auf dem Feld der Werbung und Visuellen Kommunikation, um sich mit Beginn der 1960er Jahre intensiv mit den künstlerischen Möglichkeiten der Farbfotografie zu beschäftigen. Auch und gerade auf diesem Feld hat er Maßstäbe gesetzt. Ganz im Sinne von „New Color“ fotografierte Baumann nicht einfach farbig, er dachte die Farbe und nutzte sie als Stil- und Ausdrucksmittel. Damit zählt er, wohlgemerkt rund anderthalb Jahrzehnte vor William Eggleston oder Stephen Shore, zu den Pionieren einer künstlerischen Farbästhetik. Am bekanntesten sind sicher seine Bilder aus der Welt der Formel 1.

Rückblickend darf man staunen, wie konsequent und zügig sich Baumann eine ganz eigene Bildsprache erarbeitet hat, die mit der „subjektiven fotografie“ und ihrem Formalismus so wenig zu tun hatte wie mit den verdeckten Geometrien eines Henri Cartier-Bresson, dessen Vorliebe für das Normalobjektiv Baumann ebenso ignorierte wie alle übrigen „Regeln“ aus den Handbüchern für Amateure. Durch den Sucher seiner Leica komponierte Baumann ausgesprochen radikale Bilder, wie sie neben ihm höchstens der Kölner Chargesheimer wagte.

Was die frühe Fotografie von Horst H. Baumann auszeichnet, ist einerseits ein hohes Maß an Empathie, ein ehrliches Interesse an sozialen Themen, andererseits die konsequente Suche nach einem eigenen Ausdruck in der Kamerakunst. Noch aus dem vermeintlich banalsten Sujet wusste Baumann durch den gezielten Einsatz partieller Schärfe, durch kühne Aus- oder Anschnitte, gesuchte Perspektiven oder ein Spiel mit Vordergrund und Hintergrund eine Art von Fotografie zu stiften, die immer wieder überraschte, aber auch nicht wenige irritierte.

Ab Mitte der 1960er Jahre wandte er sich multimedialen Projekten zu, speziell der Laserkunst, mit der er sich beispielsweise 1977 auf der documenta 6 in Kassel präsentierte. Bis heute leuchtet der grüne Laserstrahl regelmäßig als nächtliches Wahrzeichen der hessischen Kunstmetropole. Auch der nach wie vor aktive Licht-Zeit-Pegel am Düsseldorfer Rheinturm geht auf sein Ideenkonto. Konsequent ab Ende der 1960er Jahre hat sich Baumann mit Multivisionen, Lichtinstallationen oder temporären Architekturen beschäftigt, während sein Beitrag zur deutschen Fotografie der 1950er und 1960er Jahre weitgehend in Vergessenheit geraten ist. 

Zeitlebens hat sich Horst H. Baumann als „Lichtkünstler“ in einem übergeordneten Sinne verstanden, als Kreativer, der mit Licht schreibt und sich dabei unterschiedlicher Techniken bedient. Bewusst verzichtet die Ausstellung auf eine – ohnehin nicht zu leistende – Gesamtdarstellung seines Wirkens und legt stattdessen den Schwerpunkt auf seine Zeit als Fotograf.

Biografie Horst H. Baumann

1934
Am 19. Juni als Horst Hermann Baumann in Aachen geboren. Kindheit und Jugend in bescheidenen Verhältnissen. Sich und seine Schwester Gertrud bezeichnet er später oft als „Schlüsselkinder“.
1940
Besuch der Volksschule in Aachen.
1944
Um sich vor den anrückenden Amerikanern in Sicherheit zu bringen, wechselt die Familie von Aachen nach Kaiserswerth.
1946
Besuch des Lessing-Gymnasiums in Düsseldorf. Mitschüler dort ist der bekannte Jazzmusiker Klaus Doldinger.
1952
Beginn seiner ernsthaften Auseinandersetzung mit der Fotografie. Als prägend erweist sich die Lektüre der Illustrierten Life sowie das Werk des Franzosen Henri Cartier-Bresson.
1953 Mitglied im Düsseldorfer Foto-Club, dem neben anderen auch Walter Vogel angehört. Im Rahmen einer Klassenfahrt nach Huckingen gelingen Horst H. Baumann erste Fotos aus der Welt der Schwerindustrie. Das ernste Porträt eines Mädchens in Leica-Fotografie 3/1953 markiert den Beginn seiner publizistischen Tätigkeit.
1954
Studium der Hüttenkunde an der Technischen Hochschule Aachen. Parallel beteiligt er sich an Fotowettbewerben und engagiert sich für die Hochschulzeitschrift Aachener Prisma.
1956
Jugendfotopreis auf der Kölner photokina. Art Director Willy Fleckhaus wird auf Baumann aufmerksam und verhilft ihm zu einem ersten Auftritt in der DGB-Jugendzeitschrift Aufwärts.
1957
Mitarbeit an der Zeitschrift Bleib im Bild. Mehrere groß ins Blatt gehobene Reportagen ermutigen Baumann, sein Studium in Aachen aufzugeben. Moskau-Reise aus Anlass der VI. Weltjugendfestspiele in Moskau. Erstes Portfolio in der Schweizer Zeitschrift Camera.
1958
Bekanntschaft mit der Grafikerin Ikra (Ingeborg) Geerz. Die beiden heiraten 1961, eine Tocher (Carolin). In Krefeld besucht Baumann Die Wochen des Tanzes. Seine Reportage erscheint u. a. in magnum (21/1958), herausgegeben von Karl Pawek.
1959
Erste Nummer der Zeitgeist-Zeitschrift twen. Nach einer ersten Publikation in Heft 2/1959 avanciert Baumann zügig zum neben Will McBride wichtigsten twen-Fotografen.
1960
In Rom Sportfotografie für Das offizielle Standardwerk des Nationalen Olympischen Komitees. Magie der Farbe als viel beachtete Gruppenschau auf der photokina. Baumann ist mit seiner Serie „Stahl“ vertreten.
1961
Flitterwochen in Spanien, wo u. a. die Serie über die „Semana Santa“ in Tarragona entsteht. Erste Aufnahmen am Nürburgring. Beginn seiner Begeisterung für den Motorsport.
1963
In New York Bekanntschaft mit dem Grafiker Lou Dorfsman. Wachsendes Interesse an Grafikdesign und visueller Kommunikation. Auf Einladung von Otl Aicher übernimmt Horst H. Baumann einen ersten Lehrauftrag an der Ulmer Hochschule für Gestaltung.
1964
Ausstellung The Photographer’s Eye im Museum of Modern Art, New York. Baumann ist mit einem Motorsport-Motiv vertreten. Auf Einladung von Peter Cornelius illustriert Baumann den Bildband Neues Kiel. Auch die Illustration von Fotokalendern wie Grand Prix oder Fotofutura im Verlag Werner Gottschalk wird für Baumann zu einem zunehmend attraktiven Aufgabengebiet.
1965
Gruppenausstellung im Huntington Hartford Museum, New York. Neben Baumann vertreten sind Robert Doisneau, Ernst Haas und Irving Penn. Im Verlag C. J. Bucher erscheint Die neuen Matadore – Baumanns einzige Monografie zu Lebzeiten.
1966 Eröffnung eines Studios für Kommunikationsplanung und Design in Düsseldorf.
1968
Unter dem Titel Man in Sport zeigt das Baltimore Museum of Art Arbeiten von Baumann, David Douglas Duncan, Ernst Haas, Neil Leifer und Pete Turner. Gründung der Populären Propaganda Presse (PPP) mit Walther H. Schünemann. Ziel ist die Produktion und der Vertrieb von Künstlerplakaten.
1969
Wir schaffen das moderne Deutschland: Horst H. Baumann unterstützt die Kampagne der SPD in den Wahlen zum 6. Deutschen Bundestag in Gestalt eines Plakatmotivs.
1970
Multimediale Projekte für die kommende photokina (Stichwort Videodom ), die Ruhr EXPO 70 sowie die Weltausstellung in Osaka. Architektonische Spekulationen : Teilnahme an der gleichnamigen Ausstellung im Städtischen Museum Leverkusen. Ikra und Horst H. Baumann lassen sich scheiden.
1971
Fotografie in der Werbung titelt das Foto-Magazin 5/1971 und stellt Baumann als Werbefotografen (Henkel, Bayer, Deutz, Erco, Daimler, Karstadt, Nixdorf) vor.
1972
Teilnahme am Projekt Spielstraße, einem von Werner und Anita Ruhnau konzipierten, die Olympischen Spiele in München flankierenden Kulturprogramm.
1973
Zweite Ehe mit Regina Neumann, zwei Töchter (Nina und Alice).
1977
Mit einer viel beachteten Laser-Licht-Skulptur auf der documenta 6 in Kassel vertreten. Laserscape Kassel markiert seine definitive Hinwendung zur Licht- bzw. Laserkunst.
1981
Als bis heute weltweit größte dezimale Zeitskala geht der von Horst H. Baumann konzipierte LICHT-ZEIT-PEGEL am Düsseldorfer Rheinturm in Betrieb.
1990
Baumanns Laser-Environments sind Gegenstand einer retrospektiven Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum, Aachen.
2011
Teilnahme am Symposium 150 Jahre Farbphotographie im Industrie- und Filmmuseum Wolfen.
2019
Nach längerer Krankheit stirbt Horst H. Baumann kurz vor seinem 85. Geburtstag am 24. Mai in Düsseldorf.

Daten und Fakten

Eintritt: 5 € / ermäßigt 2,50 €
Es werden Zeitfenstertickets angeboten, die vor Ort an der Kasse oder online über www.koelnticket.de erworben werden können. Für eine verlässliche Planung des Ausstellungsbesuchs ohne Wartezeiten empfiehlt sich die online Ticketbuchung.
Folgende Zeitfenstertickets für einen Besuch von eineinhalb Stunden sind erhältlich:
ab 10:15 Uhr: Einlass 10:15 bis 10:45 Uhr
ab 11:45 Uhr: Einlass 11:45 bis 12:15 Uhr
ab 13:15 Uhr: Einlass 13:15 bis 13:45 Uhr
ab 14:45 Uhr: Einlass 14:45 bis 15:15 Uhr
ab 16:15 Uhr: Einlass 16:15 bis 16:45 Uhr
1. Donnerstag im Monat (Langer Donnerstag / KölnTag) werden zusätzlich Zeitfenstertickets angeboten:
ab 17:45 Uhr: Einlass 17:45 bis 18:15 Uhr
ab 19:15 Uhr: Einlass 19:15 bis 19:45 Uhr


Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag 10-18 Uhr
Feiertags 10–18 Uhr
Montags geschlossen
1. Donnerstag im Monat 10-22 Uhr


Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit den Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim und gefördert von der Overstolzengesellschaft, dem Förderverein des Museums.
Der Kurator Hans-Michael Koetzle (München) hat für die Kölner Ausstellung rund 350 Arbeiten ausgewählt. Koetzle wurde 2022 von der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) mit dem Kulturpreis ausgezeichnet.


Fotobuch:
Begleitend ist ein gleichnamiges Buch im Steidl Verlag, Göttingen mit Texten von Hans-Michael Koetzle, Eberhard Reuss und Christoph Wieland erschienen (336 Seiten, ca. 320 Abbildungen in Tritone und Vierfarbdruck, Hardcover). Das Fotobuch ist im Museum und im Buchhandel (ISBN 978-3-96999-174-9) für 48 € erhältlich.


Pressebilder:
Pressebilder finden Sie in unserem digitalen Pressebereich: https://makk.de/Presse oder auf Anfrage an Christine Drabe: christine.drabe@stadt-koeln.de oder telefonisch 0221/221-24816.


MAKK – Museum für Angewandte Kunst Köln
An der Rechtschule 7, 50667 Köln
T: +49 (0)221 221 238 60
E: makk@stadt-koeln.de
www.makk.de

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